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E-Invoicing – Italien läutet das digitale Zeitalter der Rechnung ein

Der Jahreswechsel zum 01. Januar 2019 datiert in Italien eine neue Ära für die Rechnungsverarbeitung: Die gesetzliche Regelung zum E-Invoicing verpflichtet alle italienischen Rechnungssteller zu elektronischem Vorgehen. Was sich jetzt ändert.

Die Gesetzesänderung revolutioniert zunächst die inländische Rechnungsstellung und gilt für in Italien ansässige Unternehmen sowie für Unternehmensniederlassungen in Italien. Des Weiteren fallen staatliche Einrichtungen in den Geltungsbereich der Gesetzesänderung. Auch Dienstleister und Zulieferer, die in Italien registriert sind und ihre Rechnungen an italienische Kunden versenden, werden künftig zur elektronischen Übermittlung der Rechnungen verpflichtet. Dabei müssen alle Rechnungen im Format FatturaPA XML 1.2 erstellt und an das Sistema di Interscambio (SdI), die Plattform der italienischen Steuerbehörde (Agenzia della Entrate), übermittelt werden. Der Versand an das SdI kann in Form einer zertifizierten E-Mail, über ein Web-Formular sowie einen Web-Service oder auch via File Transfer Protocol (FTP) geschehen. Nur wenn die elektronische Rechnung alle technischen Vorgaben erfüllt, wird diese über das SdI an den Rechnungsempfänger weitergeleitet. Andernfalls gilt die Rechnung als nicht gestellt. Im Rahmen dieser Steuerberichterstattung in Echtzeit, dem sogenannten Clearance Modell, nimmt die Steuerbehörde die Rolle als Intermediär bei sämtlichen Transaktionen ein und erhält so Einblick in alle steuerrelevanten Vorgänge in Italien.

Durch das Gesetz verlieren papierbasierte Rechnungen und auch unstrukturierte E-Rechnungen, also unter anderem PDF oder JPEG-Dateien, ihre Rechtsverbindlichkeit. Zudem wird eine zertifizierte elektronische Signatur zur Abzeichnung der Dokumente beim elektronischen Rechnungsaustausch benötigt. Diese Bedingungen stellen besonders für kleine Unternehmen mit einem geringen jährlichen Belegvolumen eine Herausforderung dar. Der italienische Staat unterstützt diese Unternehmen, indem er eine kostenfreie Web-Anwendung für das E-Invoicing zur Verfügung stellt. Größeren Unternehmen, die jährlich ein hohes Belegvolumen umsetzen, ermöglicht eine Integration des eigenen ERP-Systems mit dem SdI-System die automatisierte Rechnungsverarbeitung. Auch an die Archivierung der E-Rechnungen stellt die italienische Behörde besondere Anforderungen: Der Dienst, der zur Archivierung verwendet wird, muss über eine AgiD-Zertifizierung verfügen, die Archivierungszeit muss mindestens zehn Jahre betragen und alle archivierten Rechnungsbelege müssen mit einer festgelegten elektronischen Signatur versehen sein.

Ciao, ciao zu Umweltbelastung und Mehrwertsteuer-Lücke!

Die elektronische Rechnung bringt entscheidende ökologische Vorteile mit sich. Denn wenn Unsummen an Rechnungsausdrucken wegfallen und auch der Rechnungsversand auf elektronischem Wege stattfindet, sinken Schadstoffbilanz und Umweltbelastung erheblich. Die Gesetzesänderung bewirkt für den italienischen Staat zudem entscheidende prozessuale Vorteile und das steigert die Transparenz hinsichtlich steuerrelevanter Vorgänge.

Ein wesentliches Potenzial der elektronischen Rechnung liegt in der Reduzierung der Komplexität bei bürokratischen Vorgängen und der folglich schnelleren Bearbeitung von Finanzprozessen in der öffentlichen Verwaltung. Häufig ist die Rechnungsbearbeitung in der öffentlichen Verwaltung – bedingt durch verschiedene Standards und Systeme sowie aufgrund der Verwendung von unterschiedlichen Formaten – sehr arbeitsintensiv und zeitaufwändig. Diese Komplexität kann durch die Vereinheitlichung von Standards und durch national sowie bestenfalls international einheitliche Rechnungsformate stark herabgesetzt werden. Folglich können Abläufe effizienter gestaltet und Rechnungen sehr viel schneller verarbeitet werden.

Ein starkes Argument der Regierung pro E-Invoicing ist die Steigerung der Transparenz aufgrund der Intermediär-Funktion des Staates bei sämtlichen steuerrelevanten Transaktionen. Die italienische Regierung will durch die Einführung des Clearance Modells die Mehrwertsteuer-Lücke bei nationalen und internationalen Transaktionen senken. Die Mehrwertsteuer-Lücke beschreibt die Differenz zwischen der Mehrwertsteuer, die der Staat durch die festgehaltenen Geschäftsvorgänge hätte einnehmen müssen und den Steuereinnahmen, die dem Staat tatsächlich zufließen. Laut einer aktuellen Studie der Europäischen Kommission (CASE) betrug die Mehrwertsteuer-Lücke im Jahr 2015 in der Europäischen Union ganze 151,5 Milliarden Euro. Im Falle Italiens besteht besonders großer Handlungsbedarf: Denn Italien weist dabei mit rund 35.000 Millionen Euro die größte Mehrwertsteuer-Lücke in absoluten Zahlen auf.

E-Rechnung in Europa – der Startschuss fällt nächsten Monat

Die Vision der Europäischen Kommission beschreibt E-Invoicing als Standard bis zum Jahr 2020. Ende November 2018 endet die Frist für die EU-Mitgliedsstaaten zur Umsetzung der Vorgaben der „Europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung“. Diese setzt wiederum die Vorgaben der Europäischen Richtlinie 2014/55/EU vom 16. April 2014 rechtlich um. Da die Norm für die obersten Einrichtungen des Bundes die elektronische Form bei Rechnungsstellung und -eingang verpflichtend festlegt, erfolgt durch sie ein grundlegender Schritt in Richtung des europäischen Standards. Schon im kommenden Jahr, ab November 2019, tritt diese Regelung dann ebenfalls auf der Länder- und Kommunalebene in Kraft.

Die Umwandlung der Norm in nationales Recht betrifft somit neben den öffentlichen Organen selbst auch alle Unternehmen, die als Lieferanten für öffentliche Einrichtungen Leistungen erbringen. Denn sobald es sich beim Auftraggeber um eine öffentliche Einrichtung handelt, muss laut den gesetzlichen Anforderungen die elektronische Rechnung verpflichtend verwendet werden. Diese Vorgabe kann für Unternehmen deshalb gegebenenfalls zum Verlust von Aufträgen führen, wenn diese sich nicht rechtzeitig auf die Umstellung vorbereiten.

Einige Staaten setzen bereits auf E-Invoicing

Als Vorreiter in puncto E-Rechnung gelten unter den europäischen Ländern bisher besonders Ungarn und Spanien. In beiden Ländern ist die Mehrwertsteuer-Berichterstattung in Echtzeit bereits Pflicht. Aus diesem Clearance-Modell resultiert unumgänglich eine elektronische Rechnungsverarbeitung, denn die Vorgaben des Clearance-Modells können anhand von papierbasierten Prozessen nicht umgesetzt werden. Bereits seit Mitte 2017 verpflichtet der spanische Fiskus seine Steuerzahler dazu, Informationen zur Umsatzsteuer in Echtzeit zu transferieren. Über das Suministro Inmediato de Información (SII) werden Umsatzsteuermeldungen unverzüglich nach der Transaktion gemeldet. Dies muss in einem vordefinierten XML-Format geschehen. Auch Ungarn setzt die E-Rechnung seit Juli 2018 konsequent um und erhebt Sanktionen, falls es bei der Meldung von Rechnungstransaktionen an das Nemzeti Adó- és Vámhivatal (NAV) System zum Zeitverzug kommt. Die Rechnungen sind dabei ebenfalls in einem streng definierten XML-Format zu übermitteln.

Als Paradebeispiel für ein gelungenes Modell zur Steuerberichterstattung in Echtzeit gilt außerhalb der EU vor allem Mexiko. Durch die Einführung eines Clearance-Modells konnte dort die Mehrwertsteuer-Lücke erheblich verringert und die Schattenwirtschaft im Land stark eingedämmt werden. Auch das EU-Nachbarland Schweiz geht in der Rechnungsverarbeitung digitale Wege, um die bis dato sehr unterschiedlichen Arten von Einzahlungsscheinen anzugleichen. Durch neue rechtliche Vorgaben wird der Einzahlungsschein durch einen einheitlichen Zahlteil auf der Rechnung in Form des sogenannten Swiss QR-Code ersetzt.

Fazit: Große Potentiale auf Länder- und Unternehmensebene

Wann sich die E-Rechnung als generischer Standard durchsetzt, wird die Zukunft zeigen. Die Potenziale, die durch die elektronische Rechnungsverarbeitung entstehen, hat die Europäische Kommission bereits vor einiger Zeit erkannt und leitet mit der „Europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung“ die Einführung der elektronischen Rechnung in der EU schrittweise ein. Dies geschieht in Form der ersten Verpflichtungen für die öffentlichen Organe auf Bundesebene bereits mit einem gewissen Nachdruck. Die positiven Beispiele Spaniens, Ungarns und Mexikos zeigen: die Automatisierung der Rechnungsverarbeitung bietet zahlreiche Vorteile, die nicht einzig die öffentlichen Verwaltungsapparate entlasten können, sondern besonders für Unternehmen mit einem mittleren bis hohen jährlichen Belegvolumen viele Optimierungs- und Einsparungspotentiale mit sich bringen. Zu diesen Potenzialen zählen die erhebliche Verringerung der Durchlaufzeiten von Rechnungsbelegen durch einheitliche Standards und Formate. Auch können hohe Kosten papierbasierter Prozesse, insbesondere aufgrund von Ausdrucken und Versand, eingespart werden. Hierdurch kann gleichzeitig die Umweltbelastung reduziert werden. Zudem sinkt sowohl die potenzielle Gefahr des Verlustes von Papierbelegen durch die automatisierte Verarbeitung als auch die Fehlerquote, die durch die manuelle Rechnungsverarbeitung entsteht.

Die Vorteile des E-Invoicing sprechen für sich und so ist die elektronische und automatisierte Rechnungsverarbeitung im Unternehmen ein wertvoller Teil der digitalen Transformation von Geschäftsprozessen. Um die elektronische Rechnung im eigenen Unternehmen erfolgreich implementieren zu können, gilt es, das ERP-System rechtzeitig auf die Anforderungen der automatisierten Rechnungsverarbeitung vorzubereiten. Zu diesen Anforderungen zählt beispielsweise die Verarbeitung von unterschiedlichen länderspezifischen XML-Formaten im internationalen Rechnungsverkehr durch das ERP-System. So gelingt die erfolgreiche Anbindung Ihrer Geschäftspartner und öffentlicher Einrichtungen an Ihr ERP-System, wodurch Sie noch stärker von den Vorteilen des E-Invoicing mit SAP profitieren können.

Redaktionsteam
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